Leopold Kohr – E. F. Schumacher-Gesellschaft für politische Ökologie e.V.

https://schumacher-gesellschaft.de/leopold-kohr/

Leopold Kohr greift eine der zentralen Ideen von Aristoteles auf, dass die Organisation menschlicher Gesellschaften maßvoll und überschaubar sein muss um nachhaltig erfolgreich sein zu können, und jede Überschreitung des menschlichen Maßes mehr Probleme gebiert als lösen zu können.

Kohr entwickelt aber sein Konzept weiter: Große politische Vereinigungsprozesse stellen sich als das Ergebnis emotionaler Entgleisungen, infantiler Regressionen dar, die die frühkindliche Vereinigung mit der lebens-spendenden Mutter herbeiphantasieren und als vernünftige Maxime für soziale Großgruppenordnungen (Staaten, Super-Staaten) ausgeben. Deshalb, so Kohr, gelingt es nicht mit Vertretern dieser Vereinigungsideologien (unification ideologies) in einen vernünftigen Dialog zu treten. Sie sind unfähig Alternativen anzuerkennen und erachten das „menschliche Maß“ und die „überschaubare Größe“ als kleinkariert und provinziell. Sie schaffen, so Kohr, die Abkehr von ihrem Infantilismus gefühlsmäßig nicht.

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Einzementierte Steuergeschenke an Landwirte

https://epaper.derstandard.at/titles/derstandard/11719/publications/1436/articles/1535159/13/4
 
 Der Standard, 16.02.2022  S.13

Landwirte müssen in Österreich meist nicht ihre tatsächlichen Einkommen versteuern, sondern einen viel niedrigeren Pauschalbetrag. Bisher musste die Berechnung für die Pauschalierung alle neun Jahre überprüft werden. Das soll nun fallen.

Die Gruppe der Land- und Forstwirte hat in Österreich traditionell einen wichtigen Fürsprecher in der Regierung: die ÖVP. Besonders wenn es um die finanziellen Interessen besagter Gruppe geht, ist die Volkspartei oft zur Stelle. Bei der Steuerreform wurde erstmals für den Verkehrssektor eine CO₂ Bepreisung eingeführt. Die Landwirtschaft ist davon ausgenommen: Für Dieselkraftstoff wird es eine Rückvergütung geben. Dazu kommt der höhere Klimabonus in ländlichen Regionen und weitere Goodies im Zuge der Corona-Hilfen.

 

So hat die Koalition beschlossen, dass Landwirte ihre Gewinne und Verluste über drei Jahre gegenrechnen dürfen. Ein Solidaritätszuschlag, den Bauern für Pensionen zahlen mussten, wurde gestrichen. Es gibt einen 350-Millionen-Euro-Waldfonds, aus dem Waldbesitzer trotz aktueller Rekordpreise für Holz gefördert werden. Die Liste wird bald länger werden.

Neuregelung kommt

Das Finanzministerium hat Anfang Februar ein Gesetz in parlamentarische Begutachtung geschickt. Geplant ist, die Prinzipien neu zu ordnen, die bei der Besteuerung der meisten Landwirte angewendet werden. Im Gegensatz zu Selbstständigen, die ihre Rechnungen dokumentieren müssen, gelten für Bauern einfache Regeln. Sie dürfen eine Pauschalierung nutzen. Dabei spielt der tatsächliche Gewinn, den ein Bauer erwirtschaftet, keine Rolle. Nicht dieser wird besteuert.

Vielmehr wird auf Basis eines komplexen Verfahrens der fiktive Ertragswert eines landwirtschaftlichen Betriebs errechnet, in der Fachsprache ist das der Einheitswert. Dieser dient als Ausgangspunkt für die Bemessung der Steuerschuld. Bis zu einem Einheitswert von 75.000 Euro dürfen Landwirte voll pauschalieren. Rund 90 Prozent der deutlich über 100.000 Landwirte nutzen das System.

Anpassung entfällt

Die Finanz muss laut Gesetz alle neun Jahre die Einheitswerte überprüfen und anpassen. Dafür besuchen Mitarbeiter des Ministeriums in ganz Österreich Musterbetriebe. Sie analysieren dann, wie die tatsächliche Ertragslage ist, bewerten auch andere Aspekte wie die Verkehrsanbindung eines Hofs.

Diese Feststellung der Einheitswerte erfolgte zuletzt 2014 und hätte bis zum 1. Jänner 2023 erneut erfolgen sollen. Das soll aber nun laut Gesetzesvorschlag komplett entfallen. Überhaupt soll künftig von regelmäßigen Neubewertungen der Ertragslage abgesehen werden. Stattdessen werden nur noch klimatische Veränderungen fix berücksichtigt. Weiters soll nur noch ab 2032 einfließen, wenn es zu „nachhaltigen und wesentlichen“ Änderungen der Ertragslage bei einem Landwirt kommt.

Der Clou: Analysen haben gezeigt, dass Landwirte nur einen Bruchteil der Steuern bezahlen, die sie berappen müssten, wenn es die Pauschalierung nicht gäbe. Eine Studie der Steuerexperten Georg Kofler und Gottfried Schellmann, erstellt im Auftrag der Arbeiterkammer, kam zum Ergebnis, dass im Schnitt nur ein Fünftel der tatsächlichen Einkünfte von Landwirten für die Besteuerung erfasst wird. Nun erfolgt im Zeitraum 2014 bis 2032 keine Anpassung. Selbst durch Preiserhöhungen entstehende Mehreinnahmen bleiben unberücksichtigt.

„Mit der geplanten Reform wird nun legistisch festgeschrieben, dass die Finanz gar nicht mehr die Absicht hat festzustellen, wie sich die Ertragslage der Bauern entwickelt“, sagt der erwähnte Steuerberater Gottfried Schellmann. Angesichts des Systems mache das sogar Sinn: Die Finanz wisse, dass bei der Steuerschätzung für Bauern ohnehin fast nichts herauskomme. Deshalb lasse man das System ganz bleiben.

Dominik Bernhofer, Steuerexperte der Arbeiterkammer, sagt es so: „Der Skandal ist die Vollpauschalierung der Landwirte und dass die unzureichenden Einheitswerte jetzt bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag fortgeschrieben werden sollen.“ Was es bedeuten solle, dass künftig auf „wesentliche“ Änderungen in der Ertragslage bei Landwirten abgestellt werde, bleibe unklar. Martin Jilch von der Landwirtschaftskammer Niederösterreich widerspricht: Die Steuerverwaltung erspare es sich, tausende Bescheide zu versenden. Die Einnahmen der Landwirtschaft seien seit Jahren stagnierend, daher habe sich bei Bewertungen bisher wenig verändert. Relevant sei die Klimaveränderung, und dem werde nun besser Rechnung getragen.

 

Kommentar von Moosbrugger der Lwk Österreich im Standasd am 17.02.2022:

https://epaper.derstandard.at/titles/derstandard/11600/publications/1439/articles/1536403/19/1

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Weniger Fleisch, dafür aus tiergerechter Haltung

 

Unser hohe Fleischkonsum steht am Ursprung vieler aktueller ökologischer Herausforderungen. Auch beim Tierwohl besteht Handlungsbedarf: Der Anteil von tierfreundlich gehaltenen Tieren, deren Produkte als Labelprodukte verkauft werden, stagniert bei tiefen rund 12%.

Mit der heute gestarteten Kampagne «Weniger ist mehr» will die Kleinbauern-Vereinigung gemeinsam mit dem Schweizer Tierschutz (STS), KAG Freiland, Demeter und der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) die Konsumentinnen und Konsumenten für einen verantwortungsvollen Fleischkonsum sensibilisieren – und damit zu einem Wandel hin zu einem Ernährungssystem beitragen, das Nachhaltigkeit, Gesundheit und Tierwohl ins Zentrum rückt.

Wir sind überzeugt: Weniger Fleisch, dafür aus tiergerechter Haltung, bringt allen etwas: Den Tieren, der Umwelt, den Konsument:innen und nicht zuletzt den Bäuerinnen und Bauern.

Auf essenmitherz.ch finden Sie eine Orientierungshilfe im Dschungel der bestehenden Tierwohl-Labels. Leiten Sie dieses Mail an interessierte Personen in Ihrem Freundes- und Familienkreis weiter!Für eine ökologische, soziale und vielfältige Landwirtschaft

Die Kleinbauern-Vereinigung engagiert sich mit Projekten und auf politischer Ebene für eine vielfältige, nachhaltige und tiergerechte Landwirtschaft. Die Lebensmittelproduktion soll den Bäuerinnen und Bauern ein faires Einkommen und den Konsumenten ein breites Angebot an schonend produzierten, regionalen Produkten ermöglichen.

 

 

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Medikamente belasten Flüsse weltweit

https://science.orf.at/stories/3211458/

Analysen

Medikamente belasten Flüsse weltweit

Wenn Medikamente produziert, verwendet und entsorgt werden, landen Inhaltsstoffe in der Natur. Wie sehr Flüsse weltweit belastet sind, zeigt nun eine Studie aus über 100 Ländern. Besonders hoch ist die Verunreinigung in ärmeren Weltregionen. Die Belastung der Donau in Wien ist für europäische Verhältnisse relativ hoch.

Neben Rückständen von gängigen Schmerzmitteln, Diabetesmedikamenten und Antibiotika wie Paracetamol, Metformin und Trimethoprim landen auch Antidepressiva, Brutdruckmittel und Antiepileptika besonders häufig in den Gewässern der Welt. Das kann etwa durch unsaubere Produktionsbedingen passieren.

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Webinar “Klimawandelanpassung in der Almwirtschaft” – 18.02.2022

    

 Im Rahmen dieses Webinars als Teil der Bildungsoffensive multifunktionale Almwirtschaft des LFI Österreich werden Aspekte der Klimawandelanpassung näher beleuchtet.                    

Der Klimawandel hat zunehmend einen starken Einfluss auf die Almwirtschaft. Ein früherer Beginn der Vegetation und ein allgemein stärkeres Pflanzenwachstum erfordern eine Anpassung im Weidemanagement. Auch die Artenzusammensetzung wird durch das Klima beeinflusst. Darüber hinaus entstehen durch zunehmende Trockenheitsphasen häufig Probleme hinsichtlich der Aufrechterhaltung einer ausreichenden Wasserversorgung für die Menschen, das Weidevieh und die Vegetation auf den Almen.

Moderation:

DI Markus Fischer, LFI Österreich

Termin: 

18. Februar 2022

Zielgruppe:

Almbewirtschafterinnen und Almbewirtschafter, interessierte

  Programm        

08:45 Uhr:          Einstieg in Zoom und Technik-Check

09:00 Uhr:          Anmoderation und Begrüßung

09:15 Uhr:          Vortragsblock I Almen im Klimawandel – Forschungsergebnisse aus einer 20-jährigen Vergleichsstudie,            Dr. Thomas Guggenberger, HBLFA Raumberg-GumpensteinDas magische Dreieck der Almbewirtschaftung als Anpassung an die klimatischen Veränderungen           DI Siegfried Steinberger, LFL Grub

       Diskussion und Fragen

ca 10:40 Uhr:     Pause 

10:50 Uhr:          Vortragsblock IIMögliche Auswirkungen des Klimawandels auf Standort und Biodiversität           Dr. Andreas Bohner, HBLFA Raumberg-GumpensteinWasserversorgung und Wassermanagement auf den Almen, Projekte in der Schweiz           Daniel Mettler, AGRIDEA

      Diskussion und Fragen

12:30 Ende

    Anmeldung bis 16.02.2022                     

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Sonne ernten in Österreich

Um die Klimaziele zu erreichen, muss Österreich mehr Sonnenenergie nutzen, doch Solarparks sind umstritten. Eine Alternative sind Agrarphotovoltaikanlagen. Dabei wird der Landwirt zum Energiewirt – und die Natur kaum belastet.

Nora Laufer im Der Standard am 13.02.2022   S.23

In Pöchlarn wird getestet, wie sich Pflanzen unter den Solarpaneelen im Vergleich zu normalen Bedingungen entwickeln. Fotos: Imre Antal

 

Äpfel, Beeren, Sonnenblumen, Schafe: Im niederösterreichischen Pöchlarn wächst, lebt und steht eine ungewöhnliche Artengemeinschaft auf einem Feld. Wobei weder Obst, Blumen noch Tier das Außergewöhnliche an der Konstellation sind. Seit rund einem Jahr reihen sich auf dem Areal nahe der Donau mehrere Photovoltaikanlagen aneinander. Ein Teil schützt die noch zarten Obstbäume, weitere umranden ein Feld, auf dem bald Winterweizen aus dem Boden spitzeln wird. Das Ökosolarbiotop ist ein agrarisches Versuchslabor, auf dem erforscht wird, wie Felder optimal bewirtschaftet – und zugleich zu Sonnenenergielieferanten – werden können. Agrarphotovoltaik nennt sich die in Österreich noch eher seltene Art der Symbiose.

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Schaukäserei – Kaslab’n Nockberge

https://www.kaslabn.at/phone/index.html

Ein innovatives Projekt.

Ich lernte Michael Kerschbaumer auf der Alpe Rona in Bludenz kennen, beobachtete, photografierte und filmte seine Arbeit als junger, begeisterter Senner auf der Kuhalm.

Ich war mit der Erstellung eines anspruchsvollen Gutachtens für die Gemeinde und Wildbach- und Lawinenverbauung mehrere Tage auf der Alm. So hatte ich auch Gelegenheit, am Abend mit Michael ein ausführliches Gespräch zu führen.

Michael setzte seinen interessanten Lebensweg fort als Bergbauer, Gemüse- und Ziegenmilchvermarkter. Er gründete und baute gemeinsam mit anderen innovativen Bauern in Radenthein die Bio- und Schaukäserei “Kaslabn”.

Michael setzt sich u.a. auch als Vorstandsmitglied der ÖBV-ViaCampesina ein.

https://www.viacampesina.at/

Ich wünsche ihm weiterhin alles Gute!

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“Land schafft Leben” und seine Förderer

falter.at

Das Landwirtschaftsministerium fördert den Verein “Land schafft Leben” mit gut 458.000 Euro. Auch inhaltlich sind Verein und Ministerium oft einer Meinung.

Gerlinde Pölsler
11.02.2022
 

Wer bekommt wie viele öffentliche Gelder und von wem? Diese Frage hat Österreich erst kürzlich beschäftigt: Anlass waren die Förderungen der Arbeiterkammer an das Momentum Institut – 1,8 Millionen Euro in zwei Jahren –, die dieses nicht offengelegt hatte.

Nun hat eine parlamentarische Anfragebeantwortung an die FPÖ eine weitere, bisher öffentlich nicht bekannte Förderung zutage gefördert: vom Landwirtschaftsministerium unter Elisabeth Köstinger (ÖVP) an den Verein „Land schafft Leben“. Das Ministerium erklärt darin, es habe Land schafft Leben „2021 eine Förderung, welche durch den Bund und die Bundesländer im Verhältnis 60:40 kofinanziert wird, gewährt. Entsprechend dem Förderansuchen für die Maßnahme ‚Vermarktung und Markterschließung‘ betrug der Anteil des Bundes 458.000 Euro.“ Mit dem Anteil der Länder ergibt das eine Fördersumme von gut 763.000 Euro.

Anmerkung von Legner: Der Wochenzeitschrift Falter sei gedankt, dass dieseFörderpraktiken veröffentlicht werden. Ein wohlklingener Vereinsname soll verheimlichen, dass die Aussagen massiv vom Landwirtschaftsministerium gekauft wurden.

Ein Skandal!  Im Wissen, dass kritischen NGO’s das Fördergeld abgedreht wird (zB ÖBV-ViaCampesina) sollte dies ein parlamentarisches Nachspiel haben.

Ein spannender Bericht, lesen Sie weiter.



Auf der Website weist der Verein zwar seine Förderer aus dem Handel und der Nahrungsmittelbranche aus, ansonsten heißt es nur: „Mit 2021 stehen dem Verein erstmals öffentliche Gelder zur Verfügung.“ Ganz unten auf der Seite findet sich ein kleiner Hinweis “Mit Unterstützung von Bund und Land” und das Ministeriumslogo. Der Betrag findet sich aber nirgends.

Dabei handelt es sich um einen Gutteil des Budgets des Vereins. Für 2020 gibt er sein Gesamtbudget mit „ca. 1,2 Mio“ an. Über das Ministerium kam nun also ein Betrag von mehr als der Hälfte des bisherigen Budgets dazu – den der Verein nicht ausweist. Dabei betont er: „Wir sind ein unabhängiger, unpolitischer Verein. Wir stehen für Klarheit und Transparenz gegenüber den Konsumenten.“

 

Vereinsgründer Hannes Royer sagt dem FALTER auf Anfrage, normalerweise veröffentliche der Verein immer nach Bilanzerstellung im Juni seine Zahlen. Das habe man auch mit dieser Förderung vorgehabt. „Aber von mir aus können wir es auch gleich online stellen.“

2016 haben Royer, Bio-Bergbauer und Rinderzüchter aus Schladming, und die Unternehmerin Maria Fanninger den Verein gegründet. Motto (und Titel des Podcasts): „Wer nichts weiß, muss alles essen.“ Rasch war der redegewandte Royer medial sehr präsent, er versteht es, griffig zu formulieren: „Nur Sex ist intimer als Essen, aber am Teller wollen wir den Mercedes zum Dacia-Preis“. Hunderte Vorträge hat er inzwischen gehalten, der Verein hat Videos etwa zu Getreide oder zur Schweinehaltung und Materialien für Schulen erstellt.

In Medienberichten wird er etwa als „Umweltorganisation“ oder „Konsumenten-Informationsverband“ bezeichnet. Tatsächlich lukrierte der Verein bis zum Vorjahr sein Budget größtenteils über Förderbeiträge von Unternehmen. Aktuell listet die Website 63 Förderer auf, darunter die Handelsketten Rewe, Hofer und Lidl, Molkereien wie die Berglandmilch und Lebensmittelhersteller wie Agrana Zucker und Berger Schinken.

Die Förderbeiträge betragen „umsatzabhängig zwischen € 5.500 und € 110.000 jährlich“. Bei Branchentreffen wie dem „Tag des Handels“ ist Royer inzwischen als Gastredner dabei. 23 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt Land schafft Leben inzwischen. Seit dem Vorjahr gibt es nicht nur in Schladming, sondern auch in Wien ein Büro.

 

Umwelt- oder Tierschutz-NGOs allerdings finden die Aussagen des Vereins oft zu unkritisch. Meist lägen sie näher bei denen des ÖVP-Bauernbunds, Ministerin Köstinger und der Landwirtschaftskammer als bei Umwelt-, Tier- und Konsumentenschutzvereinen. „Notwendige Kritik, etwa von Tierschützer:innen oder Umweltschützer:innen am österreichischen Status Quo, wird meistens als überzogen oder unrealistisch dargestellt”, sagt Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftssprecher bei Greenpeace. “Als Fazit kommt meist raus, dass sich in der heimischen Landwirtschaft nicht viel ändern brauche – ändern sollen sich immer nur die Konsumenten, indem sie mehr Lebensmittel aus Österreich kaufen.“ Der Verein fungiere eher wie eine zweite AMA (Agrarmarkt Austria): „Eine Organisation, die österreichische Produkte pusht und dabei bewusst die großen ökologischen Unterschiede zwischen konventioneller und biologischer Landwirtschaft verwischt.“

Am krassesten zeige sich das bei der Tierhaltung. Zu den umstrittenen Vollspaltböden in der konventionellen Schweinehaltung etwa ist unter dem Titel „Effizientes Haltungssystem“ zu lesen: „Die Erträge pro Schwein sind gering, somit sind die Bauern auf hohe Tierzahlen angewiesen. Daher ist es wichtig, dass pro Tier möglichst wenig Arbeitszeit anfällt.“

Auch Helmut Burtscher-Schaden, Pestizidexperte von Global 2000, vermisst „kritisches Auftreten gegenüber der konventionellen heimischen Landwirtschaft“ – das sei allerdings bei diesen Geldgebern nicht verwunderlich.

Einige wollen bemerkt haben, dass tagespolitische Aussendungen zuletzt zugenommen haben – und ganz auf Köstinger- bzw. Bauernbund-Linie seien. Nach der europäischen Einigung auf die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) im Vorjahr etwa zeigte sich die ÖVP mit ihrer Verhandlerin Köstinger hochzufrieden, Umweltorganisationen in ganz Europa kritisierten den Deal. Ihnen richtete Hannes Royer per Aussendung aus: „Hören wir auf, alles schlechtzureden!“

Und als kürzlich die deutsche Heinrich-Böll-Stiftung gemeinsam mit der Umwelt-NGO Global 2000 den „Pestizidatlas“ präsentierte, antwortete nicht nur die Landwirtschaftskammer mit scharfer Kritik, auch Land schafft Leben kritisierte die NGOs für „unwissenschaftliches“ Arbeiten (hier eine Replik von Global 2000) und erklärte, die Institutionen der EU und Österreichs würden „garantieren, dass der Einsatz der Mittel bei ordnungsgemäßer Anwendung keine negativen gesundheitlichen Folgen verursache.“ Dass dies „garantiert“ werden könne, ist eine gewagte Aussage, zumal jeder Wirkstoff für sich allein getestet wird – Forscher weisen hingegen auf die unkalkulierbaren Risken hin, die gerade der Pestizidcocktail bei Mensch und Natur bewirken könnte.

Hannes Royer weist die Kritik entschieden zurück. „Ich bin vom Grundtypus her nicht obrigkeitshörig“, sagt er, „ich bin protestantisch erzogen worden. Ich habe schon mit acht Jahren vor dem Bundespräsidenten Ziehharmonika gespielt und mir nix dabei gedacht.“

Von Anfang an habe er es abgelehnt, dass die Förderer des Vereins auch Mitglieder werden, weil das dessen Unabhängigkeit gefährden würde. „Eine Molkerei hat damals zu mir gesagt: ‘Dann können Sie ja alles über Milch sagen!‘ und ich habe gesagt: ‚Ja, das ist so.’“

Und bevor Land schafft Leben 2017 die Recherchen zum Schwein veröffentlichte, habe es massive Interventionsversuche aus der Branche und der Politik gegeben. Er habe schon oft gesagt, dass der Vollspaltboden „ein Auslaufmodell“ sei und matche sich gerade bei diesem Thema hart mit der AMA als auch Ministerin Köstinger. „Ich bin nämlich Tierwohlfanatiker.“

Und was ist mit den sich häufenden Spitzen gegenüber der Biosparte? „Bio-Bauern spritzen und nutzen Gentechnik“, heißt es in einem aktuellen Beitrag. Die Bio-Landwirtschaft sei „längst nicht so ‚heilig’… Wussten Sie, dass die Bio-Landwirtschaft sogar Gentechnik erlaubt?“

Eine Aussage, die unter „Polemik“ einzuordnen ist. Die „erlaubte Gentechnik“ bezieht sich nämlich auf sogenannte Mutagenese-Züchtungen, wo teils seit den 1960er-Jahren neue Pflanzensorten durch chemische oder Strahlenbehandlung entstanden sind. „Ein Großteil aller Hartweizensorten etwa, der Grundzutat jeder Pasta, ist so entstanden“, heißt es, und solche Sorten kämen im Bio- genauso wie im konventionellen Landbau zum Einsatz. Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs handelt es sich dabei um GVO (gentechnisch veränderte Organismen), aufgrund einer Ausnahmeregelung müssen sie aber nicht so genannt werden. Hält man sich allerdings an den üblichen Sprachgebrauch, dann verwendet in Österreich weder der Bio- noch der konventionelle Landbau Gentechnik, und beides behauptet auch niemand.

Auch beim Erscheinen des Pestizidatlas verwies Royer auf den „hohen Anteil an Pestiziden, die auch in der Bio-Landwirtschaft zugelassen sind.“ Was im Biobereich an Kupfer verwendet wird, da müsste man auch einmal genauer hinschauen, sagt er.

Helmut Burtscher-Schaden, Mitverfasser des Pestizidatlas, findet solche Vergleiche „irreführend, wenn nicht dazu gesagt wird, dass in der Biolandwirtschaft nur Wirkstoffe zugelassen sind, die auch natürlich vorkommen“. Etwa Pflanzenextrakte, Seifen, Bienenwachs und Kupfersalze (die Liste der für Bio zugelassenen Wirkstoffe können Sie hier einsehen). Die konventionelle Landwirtschaft verwende diese „Bio-Pestizide“ auch, verfüge aber zudem über einen „Chemiekasten mit Hunderten Chemikalien. Diese kommen nicht natürlich vor, finden aber über die Landwirtschaft Eingang in den Boden, das Wasser und in unsere Lebensmittel.“

Entspricht der Verein immer seinem Anspruch zu zeigen, „wie in Österreich Lebensmittel produziert werden, ohne zu werten“? Ja, meint Royer. Dass sowohl NGOs als auch Bauernvertreter den Verein kritisierten, sieht er als Beweis für die Unabhängigkeit des Vereins.

Die 760.000 Euro über das Landwirtschaftsministerium würden auch heuer wieder fließen. Darüber hinaus gebe es keine öffentlichen Förderungen. Die nächsten Themen, die Land schafft Leben bearbeiten will: Soja, Käse und Rindfleisch.

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