Renaturierung, weil es der richtige Weg ist

Beitrag von Monika Nimmerrichter im Der Standard vom 13.07.2024

Kommentar Der Anderen

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Viele Argumente gegen das Gesetz sind reine Parteipropaganda. Auch „die“ Landwirte gibt es nicht.


Als Nebenerwerbslandwirtin verfolge ich die Diskussion über dieses Gesetz sehr genau – und beobachte, in wie vielen landwirtschaftlichen Publikationen gegen dieses Gesetz Stimmung gemacht wurde. Nicht aus Sorge um uns Landwirtinnen, sondern aus parteitaktischen Überlegungen. Da wurde die Bedrohung der Ernährungssicherheit in den Raum gestellt, mit Preissteigerungen für landwirtschaftliche Produkte argumentiert und den Landwirt:innen eine weitere Zunahme der bürokratischen Tätigkeiten und sogar Enteignungen prognostiziert. Leider ist nach wie vor der Großteil der Landwirt:innen nicht in der Lage oder nicht willens, diese Argumente als das zu entlarven, was sie sind: reine Parteipropaganda. Immer noch glauben viele das, was man ihnen seitens ihrer Interessenvertretungen „vorbetet“. Diese Interessenvertretungen vertreten aber schon lange nicht mehr die Interessen der kleinstrukturierten österreichischen landwirtschaftlichen Betriebe, sondern die Interessen der Agrarindustrie.

In ihren Sonntagsreden sind die Vertreter:innen des Bauernbunds und des Wirtschaftsbunds alle uneingeschränkt für Naturschutz, unter der Woche werden täglich mehr als zehn Hektar der besten landwirtschaftlichen Böden in Bauland, Industriegebiet oder Verkehrsflächen umgewidmet und zubetoniert. Und dann argumentieren genau diese Entscheidungsträger:innen beim Renaturierungsgesetz damit, dass durch dieses Gesetz die Ernährungssicherheit gefährdet wird!


Als Nebenerwerbslandwirtin verfolge ich die Diskussion über dieses Gesetz sehr genau – und beobachte, in wie vielen landwirtschaftlichen Publikationen gegen dieses Gesetz Stimmung gemacht wurde. Nicht aus Sorge um uns Landwirtinnen, sondern aus parteitaktischen Überlegungen. Da wurde die Bedrohung der Ernährungssicherheit in den Raum gestellt, mit Preissteigerungen für landwirtschaftliche Produkte argumentiert und den Landwirt:innen eine weitere Zunahme der bürokratischen Tätigkeiten und sogar Enteignungen prognostiziert. Leider ist nach wie vor der Großteil der Landwirt:innen nicht in der Lage oder nicht willens, diese Argumente als das zu entlarven, was sie sind: reine Parteipropaganda. Immer noch glauben viele das, was man ihnen seitens ihrer Interessenvertretungen „vorbetet“. Diese Interessenvertretungen vertreten aber schon lange nicht mehr die Interessen der kleinstrukturierten österreichischen landwirtschaftlichen Betriebe, sondern die Interessen der Agrarindustrie.

In ihren Sonntagsreden sind die Vertreter:innen des Bauernbunds und des Wirtschaftsbunds alle uneingeschränkt für Naturschutz, unter der Woche werden täglich mehr als zehn Hektar der besten landwirtschaftlichen Böden in Bauland, Industriegebiet oder Verkehrsflächen umgewidmet und zubetoniert. Und dann argumentieren genau diese Entscheidungsträger:innen beim Renaturierungsgesetz damit, dass durch dieses Gesetz die Ernährungssicherheit gefährdet wird!

Viele Biobetriebe sehen in diesem Renaturierungsgesetz eine Bestätigung dafür, dass sie auf dem richtigen Weg sind, um auch in Zukunft noch einen natürlichen Lebensraum zur Verfügung zu haben, wo sie Lebensmittel erzeugen können, die den Begriff tatsächlich verdienen. Und daher ist es eindeutig falsch, wenn der Landwirtschaftsminister behauptet, „die“ Landwirte seien gegen das Renaturierungsgesetz. Immerhin werden in Österreich 25 Prozent der Flächen naturnah nach biologischen Standards bewirtschaftet. Und diese Biolandwirt:innen wissen genau, warum sie das tun. Sie wissen, dass es unsinnig ist, immer mehr Ertrag aus den landwirtschaftlichen Flächen herauswirtschaften zu müssen. Sie wissen, wie wichtig es ist, die Bodenversiegelung wirklich zu stoppen und den Bächen und Flüssen wieder mehr Raum zu geben.

Als Biobäuerin zähle und dokumentiere ich seit vielen Jahren das Vorkommen bestimmter Pflanzen und Tiere auf unseren landwirtschaftlichen Flächen – und weiß daher, welche Auswirkungen welche Maßnahme auf die Biodiversität hat.

Beim Renaturierungsgesetz geht es um viel mehr als um unsere eigenen Befindlichkeiten. Es ist dringend notwendig, um die Auswirkungen des Klimawandels zumindest ein wenig einzudämmen. Umweltministerin Leonore Gewessler hat die wohl wichtigste Entscheidung ihrer Amtszeit getroffen. Nicht nur für Österreich, sondern für die gesamte EU.

Monika Nimmerrichter ist pensionierte Nebenerwerbsbäuerin in Niederösterreich. Im Text wurde eine von der Autorin bevorzugte gegenderte Schreibweise

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Auf die Alm per Krankenschein


Wie sich ein Almaufenthalt auf die menschliche Gesundheit auswirkt, wird bei einer kleinen Studie im Salzburger Lungau untersucht. Erste Ergebnisse zeigen positive Effekte, auch die Anerkennung von Almaufenthalten für Kurzwecke steht im Raum.

Susanne Strnadl im Der Standard am 07.06.2023


Almbetriebe sorgen für Labung, liefern regionale Lebensmittel und stützen den Tourismus. Doch sie können noch mehr: Wie ein Salzburger Forschungsteam kürzlich zeigen konnten, haben sie auch gesundheitsfördernde Wirkung.

Die rund 1800 bewirtschafteten Almen im Bundesland Salzburg sind ein nicht zu vernachlässigender Wirtschaftsfaktor für den Tourismus. Der ursprüngliche Zweck der Alpung war jedoch die Freilandhaltung des Viehs über den Sommer, das einerseits nicht gefüttert werden musste, andererseits auch gesünder blieb als im Stall gehaltenes.

Doch nicht nur die Tiere profitieren von der Frischluftkur: In einem Forschungsprojekt untersuchten die Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg (PMU), die Universität Salzburg und das Research Studio iSpace die gesundheitlichen Vorteile eines Almaufenthalts beim Menschen. Dabei ging es in erster Linie um Mikroorganismen.

Die grundlegende Idee ist, dass sich das Mikrobiom – also die Gesamtheit aller Mikroorganismen – der Landmenschen deutlich von jenem der Stadtbewohner unterscheidet. Tatsächlich leiden Landbewohner deutlich seltener als Städter unter Allergien, Asthma und entzündlichen Erkrankungen.

Zurückgeführt wird das vor allem auf den auf dem Land häufiger vorkommenden Kontakt mit Tieren, allen voran mit Rindern. „Menschen stehen seit Jahrtausenden in Kontakt mit Kühen“, erklärt der Immunologe Arnulf Hartl vom Institut für Ökomedizin der PMU, „dadurch hat eine Ko-Evolution von Mensch und Kuh stattgefunden“.

Alte Freunde
Er bezieht sich damit auf die sogenannte Old-Friends-Hypothese: Die namengebenden „alten Freunde“ sind Mikroorganismen, mit denen die Menschheit im Lauf ihrer Entwicklung ständig konfrontiert war und die das Immunsystem robuster gemacht haben. Unter anderem verhindern sie ein Überschießen der Immunantwort, das bei Allergien oft vorliegt.

Ob man diese Vorzüge nur als Landbewohner genießen oder sie auch im Zuge kürzerer Aufenthalte lukrieren kann, war Gegenstand des Projekts „Alm und Gesundheit“. Dafür galt es zuerst, Stadt und Alm vergleichbar zu machen.

Zu diesem Zweck bestimmte das Research Studio iSpace der Salzburger Research Studios Austria Forschungsgesellschaft (RSA FG) Flächen, auf denen sowohl auf der Alm – im konkreten Fall im Riedingtal im Lungau – als auch in der Stadt Salzburg ein ähnliches Verhältnis zwischen bewachsenen, befestigten und Wasser-Flächen herrscht. Neben der Erhebung klimatischer und meteorologischer Faktoren wurden an diesen Orten in der Folge Proben genommen und alle darin enthaltenen Mikroorganismen erfasst.

Ausgerüstet mit diesen Vergleichsparametern, ging es an die Versuche mit Menschen: 26 Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner, die bis dahin noch nie auf einer Alm waren und auch keinen Kontakt zu Tieren hatten, wurden für eine Woche auf eine Alm im Riedingtal verfrachtet, wo sie im bäuerlichen Alltag rund 13 Stunden pro Tag mithalfen.

Vor und nach dem Aufenthalt auf der Alm wurden medizinische Parameter wie Blutdruck, Leistungsfähigkeit von Herz und Lunge, aber auch psychisches Wohlbefinden gemessen, vor allem aber das Mikrobiom in den Nasen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfasst.

Wie sich zeigte, sanken bereits nach einer Woche Almaufenthalt Cholesterin und Blutfette signifikant, während Ausdauerleistung, das psychische Wohlbefinden und Herzfrequenz-Variabilität deutlich stiegen. Letztere ist ein wichtiges Gesundheitsmaß: „Eine eingeschränkte Herzratenvariabilität erhöht das kardiovaskuläre Risiko“, erklärt Hartl.

Von der Stadt auf die Alm
Was das Umwelt-Mikrobiom betrifft, so fanden die Forschenden große Unterschiede zwischen Alm und Stadt: Vor allem kommt eine Klasse von Milchsäurebakterien, die in Verbindung mit dem selteneren Auftreten von Autoimmunerkrankungen bei der Landbevölkerung stehen, häufiger auf der Alm vor. Das nasale Mikrobiom der Alm-Gruppe wies nach dem einwöchigen Aufenthalt ebenfalls deutliche Veränderungen auf. Deren Auswirkungen müssen aber noch im Detail erforscht werden, ebenso wie etwaige Einflüsse des Landlebens auf die Mikroorganismen-Gemeinschaften im Darm.

Nach dieser Pilotstudie wollen die Salzburger nächstes Jahr gemeinsam mit italienischen Forschern eine klinische Studie starten. Dabei sollen die Auswirkungen der Alm auf Kinder und Jugendliche untersucht werden, aber auch die lokale Biodiversität von Mikroorganismen, denn: „Wir haben Unterschiede im Umweltmikrobiom und Almmikrobiom zwischen der Nord- und der Südseite der Alpen festgestellt“, sagt Hartl.

Der Immunologe hofft, mit den Ergebnissen des Projekts früher oder später einen Almaufenthalt per Krankenschein verschreiben zu können. Bei den Krimmler Wasserfällen ist ihm das schon gelungen: Der Aufenthalt in deren Sprühnebeln ist seit dem Jahr 2015 ein anerkanntes Heilmittel für Allergien und Asthma.

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