von Benedikt Narodoslawsky im Falter.morgen
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Umweltunternehmen fühlen sich von der WKO geschädigt statt vertreten
Das ist die Geschichte eines Firmenchefs, der sich als Opfer seiner eigenen Interessenvertretung fühlt – und das mit gutem Grund. Christian Rakos hat in den vergangenen Jahren versucht, ein spannendes Unternehmen hochzuziehen: Save Energy Austria macht sein Geschäft damit, Energie zu sparen. Die Geschäftsidee entstand aufgrund der Energieeffizienzrichtlinie der EU, durch die in Österreich ein Markt für Energiespar-Maßnahmen entstehen hätte sollen.
Das war offenbar nicht im Sinne der Wirtschaftskammer, oder genauer gesagt: einiger ihrer mächtigen Mitglieder. „In der WKO lobbyieren einige aus der fossilen Industrie kommende Unternehmen besonders stark“, sagt Sabine Jungwirth, Chefin der Grünen Wirtschaft und Gründerin von „Entrepreneurs for Future”, eine 550 Unternehmen starke Initiative, die „Fridays for Future” unterstützt.
Das WKO-Lobbying führte jedenfalls dazu, dass Österreichs Gesetz wirkungslos wurde – zur Freude der Öl-Händler und zum Schaden von Energie-Sparer Rakos. „Wir haben alle Mitarbeiter wieder entlassen müssen“, sagt der Unternehmer: „Die WKO hat die Interessen einzelner Teilorganisationen vertreten, die kein Interesse an Energieeffizienz hatten. Die Mehrzahl der Mitglieder hat durch diese Politik verloren.” Denn die Wirtschaft würde ja insgesamt von Energieeinsparungen profitieren. Gerade gehen die Verhandlungen um ein neues Energieeffizienzgesetz in die heiße Phase, wieder lobbyiert die WKO – und deren Pflichtmitglied Rakos fürchtet erneut um sein Geschäftsmodell.
Dass sich die Kammer für viele ihrer eigenen Mitglieder als Klotz am Bein erweist, haben wir im aktuellen Falter anhand des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes recherchiert. Roger Hackstock vom Verband Austria Solar, der mehr als 100 Solar-Unternehmen vertritt, sagt: „Die WKO hält eisern an der Vergangenheit fest und weigert sich standhaft, Klimaschutz als Chance für Unternehmen anzusehen. Damit wird sie zunehmend zu einem Problem für den Wirtschaftsstandort Österreich.”
Politikwissenschafter Reinhard Steurer von der Universität für Bodenkultur Wien hat die heimische Klimapolitik wissenschaftlich aufgearbeitet und stellt fest: „Die Wirtschaftskammer ist mit dem Wirtschaftsbund der ÖVP jener politische Akteur in Österreich, der Klimaschutz seit Jahrzehnten am stärksten und wirksamsten ausbremst.“
Im Klimaschutz zählt Österreich zu Europas Schlusslichtern. Seit mehr als drei Jahrzehnten sind die Emissionen nicht gesunken. Seit mehr als drei Jahrzehnten ist die ÖVP an der Regierung. Und seit jeher dominiert der ÖVP-Wirtschaftsbund die Wirtschaftskammer. Der Präsident der WKO ist der ehemalige ÖVP-Minister Harald Mahrer, ihr Generalsekretär der ehemalige ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf.
Die Blockadepolitik schlägt sich auch in der jüngsten Treibhausgas-Bilanz nieder, die das Umweltbundesamt Mitte Jänner veröffentlicht hat. Laut aktuellen Zahlen (Stand: 2019) ist die Menge an klimaschädlichen Gasen im Vergleich zum Jahr davor um 1,5 Prozent gestiegen.
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