Landwirte müssen in Österreich meist nicht ihre tatsächlichen Einkommen versteuern, sondern einen viel niedrigeren Pauschalbetrag. Bisher musste die Berechnung für die Pauschalierung alle neun Jahre überprüft werden. Das soll nun fallen.
Die Gruppe der Land- und Forstwirte hat in Österreich traditionell einen wichtigen Fürsprecher in der Regierung: die ÖVP. Besonders wenn es um die finanziellen Interessen besagter Gruppe geht, ist die Volkspartei oft zur Stelle. Bei der Steuerreform wurde erstmals für den Verkehrssektor eine CO₂– Bepreisung eingeführt. Die Landwirtschaft ist davon ausgenommen: Für Dieselkraftstoff wird es eine Rückvergütung geben. Dazu kommt der höhere Klimabonus in ländlichen Regionen und weitere Goodies im Zuge der Corona-Hilfen.
So hat die Koalition beschlossen, dass Landwirte ihre Gewinne und Verluste über drei Jahre gegenrechnen dürfen. Ein Solidaritätszuschlag, den Bauern für Pensionen zahlen mussten, wurde gestrichen. Es gibt einen 350-Millionen-Euro-Waldfonds, aus dem Waldbesitzer trotz aktueller Rekordpreise für Holz gefördert werden. Die Liste wird bald länger werden.
Das Finanzministerium hat Anfang Februar ein Gesetz in parlamentarische Begutachtung geschickt. Geplant ist, die Prinzipien neu zu ordnen, die bei der Besteuerung der meisten Landwirte angewendet werden. Im Gegensatz zu Selbstständigen, die ihre Rechnungen dokumentieren müssen, gelten für Bauern einfache Regeln. Sie dürfen eine Pauschalierung nutzen. Dabei spielt der tatsächliche Gewinn, den ein Bauer erwirtschaftet, keine Rolle. Nicht dieser wird besteuert.
Vielmehr wird auf Basis eines komplexen Verfahrens der fiktive Ertragswert eines landwirtschaftlichen Betriebs errechnet, in der Fachsprache ist das der Einheitswert. Dieser dient als Ausgangspunkt für die Bemessung der Steuerschuld. Bis zu einem Einheitswert von 75.000 Euro dürfen Landwirte voll pauschalieren. Rund 90 Prozent der deutlich über 100.000 Landwirte nutzen das System.
Die Finanz muss laut Gesetz alle neun Jahre die Einheitswerte überprüfen und anpassen. Dafür besuchen Mitarbeiter des Ministeriums in ganz Österreich Musterbetriebe. Sie analysieren dann, wie die tatsächliche Ertragslage ist, bewerten auch andere Aspekte wie die Verkehrsanbindung eines Hofs.
Diese Feststellung der Einheitswerte erfolgte zuletzt 2014 und hätte bis zum 1. Jänner 2023 erneut erfolgen sollen. Das soll aber nun laut Gesetzesvorschlag komplett entfallen. Überhaupt soll künftig von regelmäßigen Neubewertungen der Ertragslage abgesehen werden. Stattdessen werden nur noch klimatische Veränderungen fix berücksichtigt. Weiters soll nur noch ab 2032 einfließen, wenn es zu „nachhaltigen und wesentlichen“ Änderungen der Ertragslage bei einem Landwirt kommt.
Der Clou: Analysen haben gezeigt, dass Landwirte nur einen Bruchteil der Steuern bezahlen, die sie berappen müssten, wenn es die Pauschalierung nicht gäbe. Eine Studie der Steuerexperten Georg Kofler und Gottfried Schellmann, erstellt im Auftrag der Arbeiterkammer, kam zum Ergebnis, dass im Schnitt nur ein Fünftel der tatsächlichen Einkünfte von Landwirten für die Besteuerung erfasst wird. Nun erfolgt im Zeitraum 2014 bis 2032 keine Anpassung. Selbst durch Preiserhöhungen entstehende Mehreinnahmen bleiben unberücksichtigt.
„Mit der geplanten Reform wird nun legistisch festgeschrieben, dass die Finanz gar nicht mehr die Absicht hat festzustellen, wie sich die Ertragslage der Bauern entwickelt“, sagt der erwähnte Steuerberater Gottfried Schellmann. Angesichts des Systems mache das sogar Sinn: Die Finanz wisse, dass bei der Steuerschätzung für Bauern ohnehin fast nichts herauskomme. Deshalb lasse man das System ganz bleiben.
Dominik Bernhofer, Steuerexperte der Arbeiterkammer, sagt es so: „Der Skandal ist die Vollpauschalierung der Landwirte und dass die unzureichenden Einheitswerte jetzt bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag fortgeschrieben werden sollen.“ Was es bedeuten solle, dass künftig auf „wesentliche“ Änderungen in der Ertragslage bei Landwirten abgestellt werde, bleibe unklar. Martin Jilch von der Landwirtschaftskammer Niederösterreich widerspricht: Die Steuerverwaltung erspare es sich, tausende Bescheide zu versenden. Die Einnahmen der Landwirtschaft seien seit Jahren stagnierend, daher habe sich bei Bewertungen bisher wenig verändert. Relevant sei die Klimaveränderung, und dem werde nun besser Rechnung getragen.
Kommentar von Moosbrugger der Lwk Österreich im Standasd am 17.02.2022:
https://epaper.derstandard.at/titles/derstandard/11600/publications/1439/articles/1536403/19/1
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