Der Wolf (Canis lupus) ist ein in sozialen Gruppen, den Rudeln, lebender großer Beutegreifer, der sich vor allem von wilden Huftieren wie Reh, Rotwild oder Wildschein ernährt.
Einst war der Wolf nach dem Menschen das am weitesten verbreitete Säugetier der Erde. Er kam praktisch auf der gesamten Nordhalbkugel, von der arktischen Tundra im Norden bis zu den (Halb)wüsten im Süden, vor. Durch starke menschliche Verfolgung entstanden im 17. und 18. Jahrhundert große Verbreitungslücken, in deren Folge der Wolf in Österreich ausstarb.
Seit der Wolf in großen Teilen Europas in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter Schutz gestellt wurde, konnte sich sein Bestand erholen und wieder ausbreiten.
Österreich liegt zwischen fünf verschiedenen Wolfspopulationen. Es nimmt somit eine wichtige Rolle für die Verknüpfung der Populationen und damit den natürlichen Genaustausch ein. Daher verwundert es auch nicht, dass bald nachdem 1896 der letzte Wolf aus Österreich verschwunden war, bereits wieder einzelne Wölfe durch Österreich streiften. Zu einer permanenten Ansiedlung kam es jedoch lange Zeit nicht. Der Wolf ist sehr anpassungsfähig und bevorzugt keinen bestimmten Lebensraum. Dort wo er genug Nahrung findet und wo ihn der Mensch lässt, können Wölfe leben.
Am ehesten lässt sich der Wolf mit großen Haushunden verwechseln, vor allem bei flüchtigen Begegnungen, wenn man nicht alle Merkmale erkennen kann. Für eine gute Unterscheidung sollte man berücksichtigen, dass Wölfe hochbeiniger sind als Hunde. Sie haben einen großen, breiten Kopf, im Vergleich kleine, dreieckige Ohren und der Schwanz hängt nach unten. Das Fell ist grau mit gelblichen bis dunkelbraunen Untertönen. Auffällige Fellmerkmale sind der helle Sattelbereich, scharf abgegrenzt von der dunklen Sattellinie, die schwarze Schwanzspitze und der helle bis weiße Bereich an Unterkiefer und Kehle. Die Spuren von Wolf und Hund sind von Ungeübten nicht leicht voneinander zu unterscheiden. Das Trittsiegel (Abdruck der Pfote) eines großen Hundes kann dem eines Wolfes sehr ähneln. Nur durch die Verknüpfung verschiedener Merkmale wie Schrittlänge, Gangart und Details im Trittsiegel kann ein erfahrener Spurenleser eine Wolfsfährte von der eines großen Hundes unterscheiden. Als Ausdauerläufer laufen Wölfe, wie auch der Fuchs, vorwiegend im energiesparenden „geschnürten“ Trab. Dabei wird die Hinterpfote genau in den Abdruck der Vorderpfote der gleichen Seite gesetzt. Auf diese Weise legen Wölfe jede Nacht Strecken von mehr als 20 km zurück. Während der Abwanderung kann die Laufleistung bis zu 80 km in 24 Stunden betragen.
Mit Hilfe von besenderten Jungwölfen konnten Wildbiologen Abwanderungen dokumentieren, bei denen einige Tiere mitunter extrem weite Wanderungen zurücklegten. So wanderte der Wolf „Alan“ vom deutschen Sachsen bis nach Weißrussland, immerhin eine Strecke von mindestens 1.550 km. Er musste dazu Autobahnen und breite Flüsse überwinden. Sein Bruder Karl lief in nur 16 Tagen zum 400 km entfernten Berlin und wieder zurück. Ein anderer besenderter Wolf machte sich von Italien aus auf den Weg nach Norden, überquerte die Alpen und hielt sich dann fast zwei Jahre lang in der Umgebung von Bonn auf. Somit könnenauch in Österreich einzelne Wölfe aus weit entfernten Gebieten auftauchen.
Wölfe leben überwiegend im Familienverband, dem Rudel. Ihre Größe liegt in der Regel zwischen drei und elf Tieren. Ein Rudel besteht aus dem Elternpaar, ihren diesjährigen Welpen und einzelnen Jungtieren aus dem Vorjahr (Jährlinge). Mitunter helfen letztere ihren Eltern bei der Aufzucht und Versorgung der jüngeren Geschwister. Die Paarungszeit fällt in unseren Breiten zwischen Januar und März. Nach 61 – 64 Tagen Tragzeit werden vier bis sechs Welpen Ende April in einer Höhle geboren und etwa acht Wochen gesäugt. Mit ca. 22 Monaten werden die Jungtiere geschlechtsreif. Zwischen dem 10. und 22. Lebensmonat wandern sie aus ihrem Elternrudel ab und begeben sich auf die Suche nach einem eigenen Revier und einem Geschlechtspartner. In freier Wildbahn können Wölfe 8 – 16 Jahre alt werden. Die Sterblichkeit ist besonders in den ersten beiden Lebensjahren besonders hoch.
Im Rudel können Wölfe Beutetiere wie Elche oder Rothirsche erlegen, die um ein Vielfaches größer und schwerer sind als sie selbst. Die körperliche Unversehrtheit ist für Wölfe allerdings überlebenswichtig und Huftritte dieser Beutetiere können tödlich sein. Deshalb jagen sie überwiegend Jungtiere, alte und kranke Tiere. Diese sind weniger wehrhaft oder unvorsichtiger. Damit erfüllt der Wolf eine wichtige ökologische Funktion. In Zentraleuropa bilden – je nach Vorkommen der Beutetiere – Rehe, Hirschkälber und Wildschweine den Hauptanteil der Wolfsnahrung. Schafe und Ziegen entsprechen von ihrer Körpergröße und der Lebensweise der vorwiegenden Wolfsbeute. Unter den Angriffen von Wölfen auf landwirtschaftliche Weidetiere gehören sie deshalb zu den am meisten betroffenen Nutztieren. Die Häufigkeit der Übergriffe hängt dabei davon ab, wie effizient die Weidetiere geschützt sind.
Gesunde, in der Natur aufgewachsene Wölfe, die nicht vom Menschen angefüttert wurden, haben in der Regel kein Interesse am Menschen. Jungtiere können aber typische jugendliche Neugierde zeigen, die mit fortschreitendem Alter und ausbleibender Anreize (z.B. absichtliche oder unabsichtliche Fütterung) wieder verschwindet. Ausgewachsene Wölfe gehen Menschen üblicherweise aus dem Weg, wenn sie diese bemerken. Das bedeutet aber nicht, dass sie fluchtartig davon rennen. Es ist ganz normal, wenn sie zunächst stehen bleiben und die Lage einordnen, bevor sie davon traben.
Das negative Image des Wolfes als gefährlicher Beutegreifer und Konkurrent hat zu dessen Ausrottung in West- und Mitteleuropa geführt. Durch die europaweite Unterschutzstellung konnten sich verschiedene Populationen jedoch erholen und in einigen Regionen kommt es nun zur natürlichen Wiederbesiedlung ehemaliger Verbreitungsgebiete. Auf der Roten Liste der gefährdeten Säugetiere Österreichs ist der Wolf allerdings immer noch mit „regional ausgestorben“ eingestuft. Nach über 100 Jahren Abwesenheit gab es seit 2016 mit dem Rudel in Allentsteig die erste Reproduktion von Wölfen in Österreich. Damit diese erfreuliche Entwicklung anhält, braucht es intensive Informationsarbeit. Zudem müssen Vorbeuge- und Schadensersatzmaßnahmen umgesetzt werden, um die Entwicklung von unerwünschtem oder problematischem Verhalten einzelner Tiere zu verhindern. Dann kann das Zusammenleben von Mensch und Wolf gut funktionieren.
Wolfsriss im Waldviertel sorgt für Aufregung
In Dorfstetten (Bezirk Melk) hat ein Wolf in Siedlungsnähe eine Hirschkuh gerissen. Der Vorfall sorgt im Ort für Verunsicherung. Laut Niederösterreichischem Jagdverband stellen Wolfsrisse aber nach wie vor Ausnahmen dar.
Der Riss der Hirschkuh in Dorfstetten löste erhebliches Aufsehen aus, zumal er nur wenige Meter von der Siedlung entfernt geschah. Seitdem seien die Bewohnerinnen und Bewohner der kleinen Waldviertler Gemeinde verunsichert, so Bürgermeister Alois Fuchs (Bürgerliste Dorfstetten) gegenüber noe.ORF.at: „Die Bewohner haben natürlich Angst um sich selbst und um ihre Kinder und Familienangehörigen.“ Die Unbefangenheit bei Spaziergängen im Wald „wurde weggenommen“, meint Fuchs, „hoffentlich wird das bald wieder besser“.
Zwei bestätigte Wolfsrudel leben derzeit in Niederösterreich: Eines davon befindet sich am Truppenübungsplatz in Allentsteig (Bezirk Zwettl), das zweite lebt ebenfalls im Waldviertel. Beim „Dorfstettener Wolf“ handelt es sich allerdings um einen Einzelgänger. Die DNA-Probe habe gezeigt, dass er nicht zu den bekannten Rudeln gehört, bestätigt Sylvia Scherhaufer, Geschäftsführerin des Niederösterreichischen Landesjagdverbandes.
Wolf könnte bereits weitergezogen sein
Der Wolf gehöre einer Art an, bei der die Männchen wie die Weibchen bis zu 1.000 Kilometer weit wandern, so Scherhaufer. Deswegen könne die genaue Anzahl der Wölfe im Land auch nur schwer erfasst werden. Wölfe aus Niederösterreich seien in der Vergangenheit auch schon wieder in Polen aufgetaucht, auch der Wolf aus Dorfstetten könnte bereits weitergezogen sein: „Es kann durchaus sein, dass er schon längst wieder weg ist“, sagt Scherhaufer.
Immer wieder werden Wolfssichtungen in Wohngebieten gemeldet, zuletzt beispielsweise auch in Kleinpertholz (Bezirk Zwettl). Vermehrte Vorfälle gebe es laut Landesjagdverband allerdings nicht: Man beobachte den Wolf zwar vor allem in Revieren im Waldviertel, mehr Wolfsrisse als üblich gab es jedoch zuletzt nicht, erklärt Scherhaufer.
Erst in den letzten Jahren nahm man den Wolf in Dorfstetten und der umliegenden Region wieder öfter wahr, heißt es im Ort. Ein großes Thema sind Wolfssichtungen immer in der Landwirtschaft. „Der Wolf treibt manche Wildtiere aus dem Wald hinaus“, so Landwirt Stefan Haller gegenüber noe.ORF.at. Die Wildtiere würden so an den Rand des Waldes in sein Gebiet laufen und Fraßschäden anrichten.
Gedanken macht sich Haller auch um seine Kälber, die er oft gemeinsam mit den Mutterkühen auf der Weide laufen lässt. „Eine Kuh wird der Wolf nicht reißen, aber ich glaube, mit einem Kalb würde die Situation nicht gut ausgehen.“
Richtiges Verhalten bei Wolfssichtung
Bei einem Waldspaziergang tatsächlich auf einen Wolf zu treffen sei laut Expertinnen und Experten sehr unwahrscheinlich. Im Normalfall sind Wölfe scheue Tiere und begeben sich nicht in menschliche Nähe.
Sollte man trotzdem einem Wolf begegnen, rät der Naturschutzbund dazu, stehenzubleiben und den Wolf im Blick zu behalten. Falls dieser daraufhin unerwarteterweise immer noch nicht die Flucht ergreift, wird empfohlen, laut zu sprechen, zu schreien oder in die Hände zu klatschen. Damit könne man die Tiere verschrecken und zur Flucht bewegen.
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